Wie "bezwingt man eine Diva"???
Nach überstandenem Simulatortraining folgte dann der absolute Höhepunkt der Ausbildung:
Das Landetraining!
Nun werden die Fachleute erstaunt die Nase rümpfen und anmerken, der Simulator sei doch auch soweit zugelassen, daß ein Umstieg auf die Linie auch ohne Landetraining möglich sei?
Allerdings wird die MD11 bei der Cargo recht heftig ausgelastet: Von 117 to (Minimum Flight Weight, wusste bis zur MD11 gar nicht, daß ein Flugzeug auch zu leicht zum Fliegen sein kann...) bis 286 to beim Start und max. 222 to bei der Landung ist hier alles vertreten.
Hinzu kommt, daß der Flieger auch gerne mal bei falscher Behandlung mit dem Heck am Boden kratzt. Somit ist es für die Firma billiger, Ihren Piloten das Landen noch mal auf dem richtigen Flugzeug im richtigen Leben beizubringen, als die evtl. resultierenden Wartungskosten eines abgeschliffenen Hecks in Kauf zu nehmen (Daß das Landetraining auch noch sauviel Spaß macht, sollte man den Kaufleuten lieber nicht erzählen, sonst muss ich noch Vergnügungssteuer nachzahlen...).
Das recht unterschiedliche Gewicht und die bei der Fracht stark variierenden Schwerpunktlagen erschweren eine einheitliche Landetechnik.
Hinzu kam noch etwas, was meiner bisherigen "Erfahrung" völlig zuwiderlief:
Ich sollte bei der Landung drücken!!!
(Wer sich jetzt einen mit geburtswehenähnlichen Krämpfen auf den Sitz gefesselten Copilot vorstellt, liegt falsch: Gemeint ist die Bewegung des Höhensteuers...)
Üblicherweise herrscht bei "normalen" Flugzeugen auch eine normale Landetechnik vor:
Das Flugzeug wird in einem konstanten Winkel in Richtung Boden geflogen.
Kurz vor dem Aufsetzen wird durch Ziehen am Höhenruder die Flugzeugnase angehoben und damit der Winkel zwischen Flugbahn und Boden verringert (tut man dies nicht, kommt es zum "Einschlag" und Passagierkommentaren á la: "Did we land or were we shot down" und vom Kabinenpersonal hagelt es Beschwerden und Kaffeeverbot.... Gut, daß ich jetzt Fracht fliege und Kakaotrinker bin....;-)).
Bei der MD11 kommt jedoch ein Problem hinzu: Das Hauptfahrwerk sitzt recht weit hinter dem aerodynamischen Drehpunkt des Flugzeuges. Wird also bei der MD11 die Nase in Bodennähe durch Ziehen am Höhenruder angehoben, so rotiert das Hauptfahrwerk mit einem kräftigen "Rummss" in die Piste hinein... Nicht schön...
Also heisst es: weit genug über dem Boden zu ziehen und dann kurz vor dem Aufsetzen etwas zu drücken... Das ist diametral der Landetechnik von allen Flugzeugen, die ich vorher geflogen bin, entegegengesetzt, also extrem ungewohnt.
Soviel zur Theorie hinter dem Landetraining; die Praxis sah dann so aus:
Gegen späten Vormittag sammelten wir uns zu viert plus Instruktor zur Abfahrt nach Karlsruhe-Baden (einer dieser Flugplätze mit langer Landebahn und wenig Verkehr, die sich somit ideal für Landetrainings eignen).
Der Rest der Truppe war schon mit dem Flieger vorausgeeilt (es gibt halt nur max. sechs Sitze im Frachtflieger, vier im Cockpit und zwei Fracht- und Pferdebegleitersitze).
Kurz nach dem Verlassen der Autobahn sahen wir schon die MD11 ihre Runden über dem Flugplatz drehen. Zur letzten Stärkung machten wir noch bei einer örtlichen Metzgerei halt und sobald wir aus dem Auslagenfenster sahen, daß keine Runde mehr erfolgte, fuhren wir die letzten Meter zum Flugplatz.
Hier trafen wir unter großem Hallo die anderen drei "Delinquenten" aus unserer Truppe, die bereits alle wie Honigkuchenpferde strahlten (Wie heisst es immer so schön: "Small boys, small toys; big boys, big toys!").
Nun ging es auch für uns zur Sache: Einsteigen und für mich als bisherigen Kurzstreckenknecht wurde schon das Rollen zu einem Erlebnis.
Die MD11 bietet aus dem Cokpit mit ihren riesigen Scheiben einen wunderbaren Panorama-Blick.
Das Cockpit stammt aus der DC10 und war ursprünglich noch für einen Flugingenieur ausgelegt. Dadurch ist jetzt soviel Platz darin, daß ich es - als vorher in der Kanzel einer B737 eingepferchter Kurzstreckenknecht - fast als "Wohnzimmer" bezeichnen möchte.
Beim Aufrollen auf die Bahn wird mir dann auch die Länge des Flugzeuges bewusst:
Beim Eindrehen in Bahnrichtung schwebt das Cockpit kurzzeitig über dem Grasstreifen (das Frontfahrwerk liegt mehr als vier Meter hinter der Kanzel).
Dann geht alles viel zu schnell:
Gas geben, abheben, in Platzrundenhöhe stabilisieren und schon zieht die Rennstrecke von Baden-Baden unter uns hindurch, der Punkt um zur Landung einzudrehen...
Belohnt wird man mit einer wunderschönen Aussicht auf den Rheingraben.
Nun zählts, Flieger schön stabilisieren (leider gar nicht so einfach, wenn die Mittagsthermik den Flieger kräftig durchschüttelt; bisher wünschte ich mir als Segelflieger nichts mehr als die Thermik, aber in diesem Moment kann ich sie gerade gar nicht gebrauchen...).
In 50 ft Gas rausnehmen, in 30 ft Ziehen und in 10 ft D R Ü C K E N, oh man, wie mir das widerstrebt.... Geschafft!!! Uff, und noch zweimal, dann ist es leider schon wieder vorbei.
Im Gegenanflug wird der Sitz gewechselt und nun darf ich die Künste meiner Kollegen bewundern.
Nach vielen Runden wird nochmal kurz getankt und dann geht es auch schon zurück mit dem Flieger nach Frankfurt. Die Stimmung ist heiter und ausgelassen an Bord.
Vom Flughafen geht es gleich zu den restlichem Kollegen, die in einer netten Apfelweinkneipe zur Feier des Tages schon mal einen "Bembel" bestellt haben.
Bis in die frühen Morgenstunden wurde noch eifrig die Bezwingung der "Diva" gefeiert...!
Das Landetraining!
Nun werden die Fachleute erstaunt die Nase rümpfen und anmerken, der Simulator sei doch auch soweit zugelassen, daß ein Umstieg auf die Linie auch ohne Landetraining möglich sei?
Allerdings wird die MD11 bei der Cargo recht heftig ausgelastet: Von 117 to (Minimum Flight Weight, wusste bis zur MD11 gar nicht, daß ein Flugzeug auch zu leicht zum Fliegen sein kann...) bis 286 to beim Start und max. 222 to bei der Landung ist hier alles vertreten.
Hinzu kommt, daß der Flieger auch gerne mal bei falscher Behandlung mit dem Heck am Boden kratzt. Somit ist es für die Firma billiger, Ihren Piloten das Landen noch mal auf dem richtigen Flugzeug im richtigen Leben beizubringen, als die evtl. resultierenden Wartungskosten eines abgeschliffenen Hecks in Kauf zu nehmen (Daß das Landetraining auch noch sauviel Spaß macht, sollte man den Kaufleuten lieber nicht erzählen, sonst muss ich noch Vergnügungssteuer nachzahlen...).
Das recht unterschiedliche Gewicht und die bei der Fracht stark variierenden Schwerpunktlagen erschweren eine einheitliche Landetechnik.
Hinzu kam noch etwas, was meiner bisherigen "Erfahrung" völlig zuwiderlief:
Ich sollte bei der Landung drücken!!!
(Wer sich jetzt einen mit geburtswehenähnlichen Krämpfen auf den Sitz gefesselten Copilot vorstellt, liegt falsch: Gemeint ist die Bewegung des Höhensteuers...)
Üblicherweise herrscht bei "normalen" Flugzeugen auch eine normale Landetechnik vor:
Das Flugzeug wird in einem konstanten Winkel in Richtung Boden geflogen.
Kurz vor dem Aufsetzen wird durch Ziehen am Höhenruder die Flugzeugnase angehoben und damit der Winkel zwischen Flugbahn und Boden verringert (tut man dies nicht, kommt es zum "Einschlag" und Passagierkommentaren á la: "Did we land or were we shot down" und vom Kabinenpersonal hagelt es Beschwerden und Kaffeeverbot.... Gut, daß ich jetzt Fracht fliege und Kakaotrinker bin....;-)).
Bei der MD11 kommt jedoch ein Problem hinzu: Das Hauptfahrwerk sitzt recht weit hinter dem aerodynamischen Drehpunkt des Flugzeuges. Wird also bei der MD11 die Nase in Bodennähe durch Ziehen am Höhenruder angehoben, so rotiert das Hauptfahrwerk mit einem kräftigen "Rummss" in die Piste hinein... Nicht schön...
Also heisst es: weit genug über dem Boden zu ziehen und dann kurz vor dem Aufsetzen etwas zu drücken... Das ist diametral der Landetechnik von allen Flugzeugen, die ich vorher geflogen bin, entegegengesetzt, also extrem ungewohnt.
Soviel zur Theorie hinter dem Landetraining; die Praxis sah dann so aus:
Gegen späten Vormittag sammelten wir uns zu viert plus Instruktor zur Abfahrt nach Karlsruhe-Baden (einer dieser Flugplätze mit langer Landebahn und wenig Verkehr, die sich somit ideal für Landetrainings eignen).
Der Rest der Truppe war schon mit dem Flieger vorausgeeilt (es gibt halt nur max. sechs Sitze im Frachtflieger, vier im Cockpit und zwei Fracht- und Pferdebegleitersitze).
Kurz nach dem Verlassen der Autobahn sahen wir schon die MD11 ihre Runden über dem Flugplatz drehen. Zur letzten Stärkung machten wir noch bei einer örtlichen Metzgerei halt und sobald wir aus dem Auslagenfenster sahen, daß keine Runde mehr erfolgte, fuhren wir die letzten Meter zum Flugplatz.
Hier trafen wir unter großem Hallo die anderen drei "Delinquenten" aus unserer Truppe, die bereits alle wie Honigkuchenpferde strahlten (Wie heisst es immer so schön: "Small boys, small toys; big boys, big toys!").
Nun ging es auch für uns zur Sache: Einsteigen und für mich als bisherigen Kurzstreckenknecht wurde schon das Rollen zu einem Erlebnis.
Die MD11 bietet aus dem Cokpit mit ihren riesigen Scheiben einen wunderbaren Panorama-Blick.
Das Cockpit stammt aus der DC10 und war ursprünglich noch für einen Flugingenieur ausgelegt. Dadurch ist jetzt soviel Platz darin, daß ich es - als vorher in der Kanzel einer B737 eingepferchter Kurzstreckenknecht - fast als "Wohnzimmer" bezeichnen möchte.
Beim Aufrollen auf die Bahn wird mir dann auch die Länge des Flugzeuges bewusst:
Beim Eindrehen in Bahnrichtung schwebt das Cockpit kurzzeitig über dem Grasstreifen (das Frontfahrwerk liegt mehr als vier Meter hinter der Kanzel).
Dann geht alles viel zu schnell:
Gas geben, abheben, in Platzrundenhöhe stabilisieren und schon zieht die Rennstrecke von Baden-Baden unter uns hindurch, der Punkt um zur Landung einzudrehen...
Belohnt wird man mit einer wunderschönen Aussicht auf den Rheingraben.
Nun zählts, Flieger schön stabilisieren (leider gar nicht so einfach, wenn die Mittagsthermik den Flieger kräftig durchschüttelt; bisher wünschte ich mir als Segelflieger nichts mehr als die Thermik, aber in diesem Moment kann ich sie gerade gar nicht gebrauchen...).
In 50 ft Gas rausnehmen, in 30 ft Ziehen und in 10 ft D R Ü C K E N, oh man, wie mir das widerstrebt.... Geschafft!!! Uff, und noch zweimal, dann ist es leider schon wieder vorbei.
Im Gegenanflug wird der Sitz gewechselt und nun darf ich die Künste meiner Kollegen bewundern.
Nach vielen Runden wird nochmal kurz getankt und dann geht es auch schon zurück mit dem Flieger nach Frankfurt. Die Stimmung ist heiter und ausgelassen an Bord.
Vom Flughafen geht es gleich zu den restlichem Kollegen, die in einer netten Apfelweinkneipe zur Feier des Tages schon mal einen "Bembel" bestellt haben.
Bis in die frühen Morgenstunden wurde noch eifrig die Bezwingung der "Diva" gefeiert...!
5 Comments:
.... herrlich Ihre Schilderungen zur Landetechnik! Ich vermisse diese Diva noch immer!
Gruss aus BOS
nff
So ist es immer mit Diven, sie hinterlassen einfach bleibende Eindrücke...
Warte nun schon gespannt auf Ihren nächsten Bericht!
Grüße aus NBO,
Golfox
Ich hoffe, Sie lesen tatsächlich immer noch die neusten Kommentare. Ich habe über einen Link im a.de-Forum ihre Blogs gefunden und freue mich über die interessante Schreibe und die tollen Bilder!
Was ist unterhalb des Minimalgewichtes kritisch? Ist der Schwerpunkt an einer anderen Stelle?
Ja, ich lese die Kommentare immer noch und freue mich jedesmal sehr darüber!
Zu der Frage nachdem Minimalgewicht muss ich ehrlicherweise antworten: Ich weiß es nicht!
Ich könnte mir vorstellen, daß evtl. das Flugzeug während der Zulassung nur in diesem Gewichtsbereich geflogen wurde. Das ist aber reine Spekulation...
Gruß,
Golfox
Dankeschön für Information. Mal sehen, vielleicht kann sich Herr NFF noch daran erinnern.
Bis bald, vielleicht mal in ZQW!
Viele Grüße
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