Frachtbegleiter und "Passagiere"
Hier ist die Spanne der Persönlichkeiten ähnlich breit gefächert und verschieden wie die Art der transportierten Fracht.
Ich erlaube mir, hier mal ein kleine Typologie anzufertigen.
Der Kurier
Meist ein weitgereister schweigsamer ehemaliger Militär in Botschaftsdiensten, der vor allen Dingen eines will: Seine Ruhe!
Diese (meist) Herren spulen in ihren Diensten fast mehr Flugmeilen ab, als ich dies in meinem Leben je tun werde. Oft werden sie auf irgendwelche Endlostrips mit vielen Zwischenlandungen geschickt, so daß bei ihrem Aufenthalt an Bord meist ein eklatantes Schlafdefizit seinen Tribut fordert.
Der/die Pferdebegleiter/-in
"Das Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde". Ich weiß nicht, von wem dieser Ausspruch stammt, aber die Pferdebegleiter haben ihn anscheinend als Lebensmotto verinnerlicht.
In dieser Begleiterklasse herrscht aber auch die größte Spannbreite vor.
Die angetroffenen Persönlichkeiten reichen vom britischen Stallknecht, dem kaum ein Wort zu entlocken ist und der am liebsten sein mitgebrachtes Essen auspackt bis zur pferdebegeisterten Veterinärmedizinstudentin, die kaum auf die Eigenheiten ihrer Lieblinge angesprochen, mit einem Schwall begeisterter Erzählungen über deren Persönlichkeiten, Macken und Vorlieben hervorbricht (Hierfür habe ich immer, im Gegensatz zu manchem Kapitän, viel Verständnis, schließlich frage ich mich auch oft, wie manche meiner Gesprächspartner meine endlosen Berichte über die Fliegerei aushalten...).
Die Kunstbegleiterin
Bei Versendung besonders wertvoller Sammlungen reist oft eine Begleiterin mit. In vielen Fällen ist dies sogar die Kuratorin der Ausstellung höchstpersönlich.
Als absoluter "Kunst-Laie" sind dies für mich die Gespräche mit dem höchsten "Lernwert".
Ich bewundere in diesem Zusammenhang die immer wieder mir gegenüber gezeigte Geduld dieser Gruppe bezüglich meiner absolut laienhaften Fragen (Wie oft hat eine Kunstbegleiterin wohl schon anderen Leuten erklärt, was am Impressionismus oder einem BeuysKunstwerk das Besondere ist, und trotzdem geht sie freundlich und geduldig und ohnen Augenrollen auf meine Fragen ein...)!
Der Mechaniker
Ab und an müssen wir für Außenstationen ohne technische Betreuung (z. B. bei Charterflügen außerhalb des regulären Liniennetzes) einen Mechaniker mitnehmen.
Dieser ist meist der Ansicht, daß im Cockpit sowieso nur zwei überbezahlte Busfahrer sitzen, die ständig seine Flugzeuge kaputtmachen und ohne ihn ja nun wirklich gar nichts laufen würde...(Naja, das war jetzt etwas viel der Übertreibung. Ich hoffe, die Kollegen der Mechanikergilde mögen mir verzeihen!).
Allerdings sind hier auch viele "Abenteurer" vertreten. Viele haben einige Jahre ihres Lebens auf Posten in der fernen weiten Welt verbracht und können einen Flug mit ihren witzigen und interessanten Geschichten im Nu vergehen lassen!
Der Dienstreisende
Hier gilt es zwei Gruppen zu unterscheiden:
Der gemeine Dienstreisende und der Management-Dienstreisende
Der gemeine Dienstreisende freut sich meist entweder mal in die weite Welt hinauszukommen (z. B. um irgendwelche Inspektionen vor Ort zu machen) oder wieder in die weite Welt zurückzukehren (z. B. der von Afrika begeisterte Stationsleiter, der froh ist, der Welt der Büros in der Zentrale wieder entfliehen zu können und endlich wieder sein eigener Herr und König auf seiner kleinen und netten Station zu sein).
Somit ist die Stimmung meist entspannt und fröhlich und wir versuchen gerne unser Bestes, dieses Publikum bei Laune zu halten.
Der Managementdienstreisende hingegen kommt jedoch oft schon missmutig an Bord. Schließlich muss er jetzt Fracht fliegen, da er seine First-Class-Buchung auf der Passage nicht bekommen hat. Auch sonst steht keine seinem Status angemessen Beförderung zur Verfügung. Es verbleibt also nur als letzter Notnagel, mit der ungeliebten Fracht zu verreisen.
Und zu allem Überfluss wagen es nun auch noch die zwei subalternen Clowns in der Führerkanzel, die ein oder andere seiner in der Vergangenheit getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen und ihm die Auswirkungen derselben in drastischen Farben zu schildern (und in manchen Fällen auch noch praktisch zu demonstrieren, was meist zu einem roten Kopf führt. Ob dieser nun aus Ärger oder Scham rot anläuft, lasse ich mal dahingestellt.)...
Seine Laune bleibt daher, trotz mancher gut gemeinter Aufheiterungsversuche, meist auf Niveau des Flugantrittes.