Nun bin ich
Deadhead aus Dallas zurückgekehrt.
Dort durfte ich im Hotel einen Stromausfall erleben:
Gegen 0130 wurde ich durch ein Piepen aus dem Schlaf geholt, knippste das Licht an und wunderte mich etwas über den schwachen Lampenschein. Jedoch machte ich mir keine Gedanken mehr, da das Piepen auf dem Flur aufgehört hatte.
Am nächsten Morgen um 0530 Uhr (ja, der Jetlag hatte wieder zugeschlagen...) war ich wach und konnte im Zimmer überhaupt kein Licht mehr anschalten.
Das Telefon funktionierte noch und die Rezeption bestätigte mir, daß das Hotel ein Stromausfall ereilt habe und dessen Behebung noch länger dauern könne...
Die Behebung fand dann etwas später mittels eines Autokranes direkt vor meinem Fenster statt. Dort war, wie mir später berichtet wurde, ein 23 Jahre alter Transformator ausgefallen.
Die Reparatur dauerte noch an, als ich nachmittags das Hotel verließ...
Anlässlich dieses Ereignis kamen mir so einige Gedanken:
Ich fand es sehr aufschlussreich, wie das Hotelpersonal mit dem Stromausfall umging. Niemand wurde hektisch, ich erhielt freundliche Antworten auf alle meine Fragen.
Alle waren bemüht, die mir entstehenden Unanehmlichkeiten möglichst gering zu halten (Mir wurde angeboten nötigenfalls in ein Hotel nebenan umzuziehen, ich durfte meinen Laptop und Telefon an der Rezeption aufladen, die noch Generatorstrom hatten, selbst einen dazu nötigen Adapter bekam ich geschenkt.). Und das alles, ohne daß ich mich in irgendeiner Art und Weise über die Situation beschwert oder negativ geäußert hätte.
Diese (eigentliche hasse ich abgedroschene Worte, aber das muss jetzt sein) Servicementalität mag ich sehr in Amerika!
Ein anderer Gedanke, der sich mir aufdrängte war jedoch, daß manche amerikanischen Politiker ihr Land gerne als Speerspitze der industriellen und technolgischen Entwicklung darstellen und manchmal etwas verächtlich auf Entwicklungsländer schauen.
Für mich ist hier der Unterschied zwischen "Entwicklungsländern" und Amerika: In Entwicklungsländern haben die Hotels anständige Generatoren, die das gesamte Hotel mit Strom versorgen und nicht nur die Rezeption...
Auf dem
Rückflug unterhielt ich mich dann mit meinem Sitznachbarn, einem freundlichen mit einer Amerikanerin verheirateten Kieferorthopäden, der jeweils zwischen D und den USA pendelt, über dieses Thema.
Er bestätigte mir, daß gerade im Bereich Stromversorgung und Straßenunterhalt große Defizite der USA vorlägen.
Hier frage ich mich, ob vielleicht angesichts der eher inkonsequenten Privatisierung und der noch inkonsequenteren Wettbewerbsaufsicht in diesem Bereich langfristig uns auch in D evtl. ähnliche Defizite drohen könnten?
Nun nur mit dem Finger auf die USA zu zeigen, greift m. E. jedoch zu kurz:
Spreche ich in Japan mit stolz von meinem frisch erworbenen 16MBit-DSL-Anschluss, so werde ich eher mitleidig belächelt. In Japan und Korea sind Anschlüsse mit 100+MBit Standard...
Erwähne ich stolz, daß nun der UMTS-Aufbau schon begonnen habe in D, ernte ich Blicke, die überhaupt nicht verstehen, weswegen erst jetzt eine in Japan schon seit Jahren flächendeckend funktionierende Technik eingeführt wird...
Dies ist nun die Crux aller Infrastruktur:
Wenn sie gut ist und funktioniert, so bemerkt sie niemand. Erst, wenn sie ausfällt, merken wir, was wir daran haben.
Und noch viel schlimmer: Wenn wir sie nie in funktionierendem Zustand kennengelernt haben, so arrangieren wir uns eben damit und halten den Zustand sogar für das "nonplusultra"...
Auf die Fliegerei angewandt sehe ich dies am Beispiel des Heimatflughafens meines Arbeitgebers:
Es gibt drei Start- und Landebahnen (analog die Stromversorgung), die jedoch nicht gleichzeitig genutzt werden, können, da sie zu nahe beieinander liegen. Eine davon darf sogar nur in einer einzigen Richtung und nur zum Starten genutzt werden.
Nachdem mit einer hocheffizienten Flugsicherung (analog die Generatoren) tagtäglich versucht wird, die anfliegenden Maschinen ohne Verspätung herunterzubringen, lassen schon kleine Störungen, wie z. B. etwas Schneefall oder der Ausfall eines Instrumentenlandesystemes für 15 Minuten (analog Generatorausfall) das gesamte System zusammenbrechen.
Seit nicht ganz zehn Jahren wird nun über den Bau einer weiteren Start- und Landebahn gestritten. Als "Kompromiss" zwischen Lärmschutzinteressen und Ausbau soll es nun den Bau einer zusätzlichen Bahn geben, aber verbunden mit einem Nachtflugverbot.
Dies wäre der Todesstoß für die Fracht. Die Fracht als Logistiksystem lebt nun mal davon, die Güter während der Nacht zu transportieren, damit sie am Tage zur Produktion oder zum Verkauf zur Verfügung stehen...
Nun wurde eingeworfen, man könne den Frachtbetrieb ja auch auf weniger lärmkritische Flugplätze auslagern. Dies verursacht jedoch das nächste Problem:
Nur die wenigste Fracht wird mit reinen Frachtmaschinen geflogen. Extrem viel Fracht wird in den Bäuchen der Passagierflieger mitbefördert.
Es würde bei einer Auslagerung auf einen anderen Flugplatz die Anbindung an das Passagierflugnetz fehlen.
Nun ist jedes größere Unternehmen in D eine funktionierende Anbindung an das internationale Luftfrachtnetz und somit eine zügige und zuverlässige Zustellung seiner Güter und Vorprodukte gewöhnt. Also wird darüber auch nicht weiter nachgedacht (s. Infrastruktur), nur wenn das irgendwann einmal ausfallen sollte, kommt das Erwachen...